Arno-Lippmann-Schacht- Förderturm und untertägige Anlagen
Bereits kurz nach der Gründung der DDR im Jahr 1949 wurden in der ganzen Republik Anstrengungen unternommen, eine leistungsfähige Grundstoffindustrie aufzubauen. Die Versorgung der Volkswirtschaft mit Reinzinn erforderte eine bedeutende Steigerung der Zinnproduktion insbesondere in der größten einheimischen Lagerstätte Altenberg. Da der bereits 1837 abgeteufte Römerschacht in seiner Leistungsfähigkeit beschränkt war, vor allem aber durch die prognostizierte Vergrößerung der Pinge bei Steigerung der Zinnförderung machten die Anlage eines völlig neuen Schachtes erforderlich. Bereits 1952 wurde mit den ersten Teufarbeiten begonnen, ausschlaggebend für den gewählten Standort war zum Einen die Nähe zu den bereits bestehenden Aufbereitungsanlagen Römer und Schwarzwasser, zum Anderen die zentrale Lage des Schachts zwischen der Altenberger Zinnlagerstätte und der bereits damals bekannten Lithiumlagerstätte Zinnwald, deren Förderung der neue Schacht perspektivisch ebenfalls übernehmen sollte. Aus diesem Grund erhielt die Anlage den Namen „Zentralschacht“ (zentral zwischen den Lagerstätten Altenberg und Zinnwald gelegen). Im Juni 1952 waren bereits das neue Fördermaschinenhaus, die Fundamente des Schachtgebäudes fertiggestellt und 80 Meter Schachtröhre abgeteuft-viertrümig (das heißt für vier Fördergefäße als Vorbereitung der geplanten Lithiumförderung) mit einem rechteckigen Schachtquerschnitt von 9,55 Meter x 2,40 Meter. Nach den politischen Unruhen im Juli 1953 erfolgte zunächst ein Investitonsstopp und damit die Einstellung sämtlicher Arbeiten, erst 1958 wurden die Teufarbeiten wieder aufgenommen. Die Auffahrung erfolgte jetzt als Hochbruch von der untertägigen 5. Sohle aus, die inzwischen vom bestehenden Grubenfeld bis an den geplanten Schacht herangeführt wurde. Die Einbeziehung der Zinnwalder Lagerstätte war mittlerweile verworfen wurden, so dass der Schacht ab 1958 den bis heute bestehenden zweitrümigen Querschnitt erhielt (5,70 Meter x 2,40 Meter). Nach dem Durchschlag zur 7. Sohle im Jahr 1960, und dem Abteufen des Schachtsumpfes erreichte der Schacht zum Ende des Jahres 1960 seine endgültige Tiefe von 296,7 Metern. Bis 1963 erfolgte die Fertigstellung des Schachtgebäudes sowie des Förderturmes und die komplette technische Ausrüstung, so dass der neue Schacht offiziell am 1. April 1963 in Betrieb gehen konnte. Schachtanschlüsse bestanden bis zur Betriebseinstellung untertage an der 5. und 7. Sohle sowie übertage an Rasenhängebank und Hängebank. Weiterhin besaß die Schachtröhre ein Fahrtentrum (Leitern mit eingebauten Zwischenbühnen) zur eventuellen Evakuierung der Grube sowie ein Kabel- und Rohrtrum für die elektrischen Leitungen und die Druckluftversorgung der Grube (der AL-Schacht besaß eine große Transformatoren- und Kompressorenstation für die Versorgung der Grube). Die Förderung erfolgte hier nicht wie bis dahin üblich mit Hunten (Zugförderung), sondern das Erz wurde direkt in die Fördergefäße, die sogenannten Skips, gefüllt. Bei der Mannschaftsfahrung wurden in diesen Skips einfach ein Boden umgeklappt, auf dem die Bergleute standen. Der Schacht hatte neben der Erzförderung vor allem die Aufgabe des „Personentransportes“, der sogenannten Seilfahrt. Bereits 1965 erfolgte die Erzförderung mit einer im Betrieb entwickelten Steuerung vollautomatisch, nur die Mannschaftsfahrung wurde vom Fördermaschinisten gesteuert (nähere Informationen zur Technik der Fördermaschine erhalten Sie am Maschinengebäude). Im selben Jahr erhielt der Schacht den Namen des Zinnwalder Bergmanns Arno Lippmann. 1968 erreichte man bereits die Halbmillionengrenze an gefördertem Roherz, nach einer umfangreichen Rekonstruktion 1983 gelang schließlich 1986 erstmals die Förderung von 1 Millionen Tonnen Erz im Jahr, was einer durchschnittlichen Tagesförderung von 4200 Tonnen entsprach. Gefördert wurde überwiegend während Spät-und Nachtschicht, was ausreichte, um die Aufbereitungsanlagen rund um die Uhr betreiben zu können. Mit der offiziellen Förderung des letzten Huntes am 28. März 1991 endete mit der Erzförderung auf dem AL-Schacht der 550-jährige Bergbau in Altenberg. Der Schacht übernahm bis Januar 1993 noch die Förderung der Bergemassen der Auffahrung des Entwässerungsstollens ins Bielatal und ging mit der letzten Seilfahrt am 1. April 1993 endgültig außer Betrieb – 30 Jahre nach der offiziellen Inbetriebnahme. Anschließend wurden die Förderseile abgenommen und die Schachtröhre nach Rauben sämtlicher Einbauten mit einem Betonpropfen, Kiesschicht und Abdeckplatte verschlossen. Die gesamte Plombe hat eine Mächtigkeit von ca. 30 Metern. Zwischen 1996 und 1999 wurde der Turm und das Schachtgebäude unter denkmalpflegerischen Auflagen saniert und bietet heute Räume für Gewerbe, Sport, Beherbergung sowie eine Rettungswache. Zu ausgewählten Anlässen können bei einer Führung des Gebäude und der Turm mit seiner Aussichtsplattform besichtigt werden. Als größtes und bedeutendstes Zeugnis der letzten Altenberger Bergbauperiode gehört der AL-Schacht mit seiner Fördermaschine seit 2019 zum UNESCO-Welterbe Montanregion Erzgebirge-Krusnohori.